Aufs Huhn gekommen
Eigene Hühnerhaltung bzw. Eierkauf bei Hühner-Mobilen: der Trend geht zu lokalen oder eigenen Haus-Eiern
Text und Bilder: Sigrid Römer-Eisele
Eier von glücklichen Hühnern zu essen ist heute einfacher denn je, denn zum einen ist die private Hühnerhaltung in den letzten Jahren (und auch durch Corona) immer populärer geworden und erlebt ein regelrechtes Revival. Zum anderen „wachsen“ Hühnermobile, lokale Eier-Verkaufsstellen bzw. -Automaten regelrecht aus dem Boden und ermöglichen uns Verbrauchern, unkompliziert und 24/7 lokal produzierte Eier aus Direktvermarktung zu beziehen – frisch und glücklicherweise meist aus artgerechter Haltung.
Private Hühnerhaltung
Schon in den vergangenen Jahren, spätestens aber durch die Corona-Pandemie, hat die Haltung eigener Hühner auch in vielen Hausgärten einen kleinen Boom erfahren. Und tatsächlich gibt es kaum Haus- bzw. Nutztiere, die sich so einfach halten lassen, wie eine kleine Schar eigener Hühner. Der Aufwand ist sehr gering, denn Hühner sind recht anspruchslos und selbständig. Sie benötigen einen geeigneten Stall (Größe: man rechnet drei Hühner pro Quadratmeter), etwas Auslauf (man kalkuliert fünf bis zehn Quadratmeter pro Huhn), ein Sandbad (zur Gefiederpflege) und das richtige Futter. Sowohl die Körner als auch das Trinkwasser kann man ihnen für einen längeren Zeitraum dosiert zur Verfügung stellen – die Klappe des Futterautomaten öffnet sich durch das Gewicht des Huhns, das Trinkwasser fließt je Verbrauch nach. Morgens verlassen Hühner eigenständig den Stall, abends kehren sie brav wieder zurück auf ihre Stange. Wenn man es sich ersparen möchte, täglich ans Öffnen und Schließen des Stalles zu denken, kann man dies von einem dämmerungsgesteuerten Türsystem erledigen lassen, das per Helligkeitssensor den Stallzugang verschließt oder öffnet. Die Haltung lässt sich also extrem vereinfachen, und man kann im Zweifelsfall auch mal ein oder zwei Nächte verreisen, ohne gleich Hühner-Sitter bemühen zu müssen. Ganz ohne unser Zutun geht es freilich nicht: Aber das ist ja auch gar nicht gewünscht. Denn schließlich bringt eine kleine Hühnerschar auch Leben und Abwechslung in den Alltag und sorgt mit ihrem idyllischen Anblick, dem Scharren und Picken für eine gewisse Entschleunigung, die viele Menschen in unserer schnelllebigen Zeit gerne genießen. Praktisch zusätzlich zu all` dieser gelebten Landidylle: Das liebe Federvieh versorgt uns mit frischen Eiern und auch mit Hühnermist, den wir wiederum als Dünger im Garten verwenden können. Ein Schritt in Richtung Selbstversorgung. Denn: Selbst angebautes Gemüse aus dem eigenen Garten ist für viele mittlerweile selbstverständlich geworden. Hochbeete erleichtern den Anbau im Freien, Gemüse wird sogar auf Balkon und Terrasse kultiviert, Ackergemeinschaften und Sonnenacker-Initiativen wurden in vielen Gemeinden unserer Region gegründet. Wenn nun noch die eigenen Eier (und vielleicht sogar Fleisch, wenn man es übers Herz bringt, die Hühner zu schlachten) hinzukommen, ist man noch einen Schritt weiter in Richtung Selbstversorgung gekommen. Außerdem praktisch: Hühner helfen uns dabei, Lebensmittel vollständig zu verwerten: Sie ernähren sich neben einer ausgewogenen Körnermischung sehr gerne von Küchenresten, die Abwechslung in ihren Speiseplan bringen. Sie freuen sich über z. B. Schalen von Karotten, Gurken, Äpfeln und gekochten Kartoffeln oder übriggebliebene Essensreste, die wir nicht mehr verzehren möchten (besonders scharf sind sie auf Wurst und Fleisch).
„Brauchen Hühner einen Hahn?“
Das ist eine der besonders häufig gestellten Fragen: Nein, Hühner brauchen keinen Hahn! Im Prinzip ist es wie bei uns Menschen: Die Weibchen produzieren regelmäßig Eier – bei den Hühnern etwa ab dem fünften Lebensmonat. Durch den Hahnentritt (so heißt der Geschlechtsakt bei Hühnern) werden die Eier der nächsten Tage befruchtet. Hahnentritt klingt nicht besonders nett – und in der Tat ist der Akt auch nicht besonders komfortabel für die Hennen. Darum sollte man auch einige Hennen pro Hahn halten – sonst ist er ihnen schon arg lästig, was man dann auch was man dann auch oft an den fehlenden Federn an ihrem Hinterleib ablesen kann.
Immer mehr „Hühnermobile“
Beschränkte sich die Einkaufsmöglichkeit lokaler Hühnereier noch vor einigen Jahren auf die entsprechenden Hofläden der Region, bereichern nun Hühner-Mobile die lokale (Bio-)Eier-Einkaufsvielfalt. An immer mehr Stellen zwischen Ammersee, Amper und Lech finden sich – oft in Straßennähe und damit gut sichtbar – Hühnermobile, die – umrundet von ihrer munteren Hühnerschar – zum Vor-Ort-Einkauf der hier produzierten Eier einladen. Flexible Hühnerzäune und rollbare Behausungen lassen die Standorte leicht variieren – so kann eine Wiese im mehrwöchentlichen Wechsel von den Hühnern beackert werden, und die Käufer (besonders schön für Kinder) können ihre Produzenten dabei beobachten. Die Idee der mobilen Haltung ist eigentlich schon älter Da die wirtschaftliche Lage zwischen den beiden Weltkriegen sehr angespannt war, mussten die Menschen sparsam mit allen Ressourcen umgehen – so auch mit Geflügelfutter. Damals kam die Idee der fahrbaren Geflügelwagen auf. Seinerzeit wurde das Korn auf den Getreidefeldern noch mit Mähbindern geerntet und von Hand zu Garben gebunden, die drei bis acht Tage auf den Feldern stehen blieben. Unmittelbar nachdem das Feld abgeräumt war, wurde das Geflügel – vorwiegend Junghennen in der Aufzucht – in Geflügelwagen auf die Stoppelfelder gebracht, wo die Tiere die während der Ernte verlorengegangenen Körner fraßen. Auch hier wurde der Standort mehr oder weniger häufig gewechselt. Außerhalb der Erntezeit kamen die Wagen auch auf Grünlandflächen zum Einsatz, gezogen wurden sie zunächst mit Pferden, später dann mit Traktoren. Heute sind die mobilen Unterkünfte hochtechnisiert und bieten die entsprechenden Rahmenbedingungen für ein zufriedenes Hühnerleben. Eine genaue Betrachtung des Hühner-Mobil-Inneren offenbart den voll durchdachten Produktions- und Haltungsprozess, bei dem Hygiene und die Versorgung der eierlegenden Mitarbeiterinnen oberste Priorität haben. Dementsprechend kostet so ein Hühnermobil in der Regel zwischen 60.000 und 80.000 Euro.