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Gerettet und genossenschaftlich genutzt

Text: Sigrid Römer-Eisele

Der ästhetisch sanierte Kracherhof in Eresing zeigt, wie man Altbestand renovieren und damit den Ortskern aufwerten kann

Dem Wunsch zur Rettung historischen Bestands und damit zum Erhalt der typisch dörflichen Architektur ist der Erhalt des Kracherhofs in Eresing geschuldet, der nun als gelungenes Sanierungsobjekt ein wertvolles Beispiel gibt für eine moderne Nutzung bei gleichzeitiger Bewahrung des ländlichen Charakters. Im direkten Umfeld von Kirche, Gasthaus und Kulturrathaus trägt der ästhetisch renovierte Hof mit seiner Giebelausrichtung zum Dorfplatz wesentlich zum Erhalt von Eresings ursprünglicher Ortsidentität bei und wertet den Dorfkern auf.

Als 2014 mit dem Ehepaar Kracher die letzten Bewohner den Hof altersbedingt verlassen hatten, entstand im direkten Umfeld die Befürchtung, ein Bauträger könnte den Hof von den in Regensburg lebenden Erben kaufen, abreißen und stattdessen einen gesichtslosen Neubau errichten. Die mit ihrer Familie gegenüber lebende Journalistin Stefanie Merlin machte den erfahrenen Architekten Alfred Sunder-Plassmann auf den Hofkomplex aufmerksam, der angesichts des prominent im Ortskern gelegenen Anwesens entschied, aktiv zu werden: Er fertigte ein Aufmaß des Hofes und der Fenster an, um eine Ansicht und einen Schnitt zu zeichnen. Den Grundriss mit den Außenabmessungen bezog er vom Vermessungsamt.

Der stattliche Kracherhof war mit seinen fünf Achsen (die Anzahl der Achsen/Fenster verweist auf die Größe der Landwirtschaft) einer der größten Höfe in Eresing und konnte in seiner ursprünglichen Form für den Ort erhalten werden.
Foto: Architekturbüro s + p Dinkel, Gilching

Wohnraum im Ortskern statt Leerstand

Auf Basis dieser Daten und entsprechend der Dachkonstruktion konzipierte er einen Vorentwurf für die Nutzung der ehemaligen Ökonomie (Stall und Scheune) als Wohnraum für ein generationsübergreifendes Wohnprojekt. Die alte Substanz, wie man sie als Leerstand überall in voralpenländischen Ortskernen findet, sollte durch sein Konzept wieder in den Mittelpunkt der Dorfgemeinschaft gerückt und zum Zentrum gemacht werden – zusammen mit Rathaus, Dorfgemeinschaftshaus, Kirche und anderen belebten Bauernhäusern.

Und so plante er im Haupthaus acht Wohneinheiten plus einen Gemeinschaftsraum mit Küche sowie die Stallgarage (um den Hof und das Ortsbild möglichst autofrei zu halten, wurden im alten Stall 13 Stellplätze geschaffen.)

Die rückwärtige regionaltypische Auffahrt in die Scheune beließ Sunder-Plassmann als solche – sie ist heute der Aufgang zu den Eingängen der Wohnungen in der ehemaligen Scheune. Anstelle des alten Garagen-Hauses entwarf er einen Neubau mit einer Familienwohnung für fünf Personen und einer kleinen Wohnung für Paare oder Alleinerziehende.

Wert wurde bei den Planungen u. a. auch darauf gelegt, außer den bereits zuvor bebauten Flächen keinen weiteren Grund zu versiegeln – als Gegenentwurf zur derzeit allgegenwärtigen Flächenversiegelung.

Fotos: oben Ida Hillebrecht und unten Sigrid Römer-Eisele