Möbel als Spiegel der eigenen Individualität
Designer aus der Region fertigen Unikate aus Holz
Text: Dagmar Kübler
Zunehmend werden Möbel Teil des Ausdrucks der eigenen Persönlichkeit. Möbel-Unikate spiegeln einen Trend unserer Zeit, in der sich der Mensch mehr und mehr als Individuum empfindet, sich differenziert und sich seiner Umwelt in einer Art und Weise präsentiert, die ihm vollumfänglich entspricht. „Wir haben das Glück, in einer Zeit zu leben, wo es uns so gut geht, dass wir mehr nach uns selbst schauen und unsere eigene Individualität entfalten können. Wir müssen nicht mehr alle gleich sein, und was wir in unserem Inneren sehen, will auch nach außen gezeigt werden“, fasst Claudia Rinneberg, Möbeldesignerin aus Dießen, im Gespräch mit unserer Redaktion den Wunsch vieler ihrer Kunden nach Unikatmöbeln zusammen. Einzigartig wie man selbst sollen auch diese sein. Dabei geht es vorrangig nicht um Schönheit im Sinne von Perfektion. Nein, gerade die knorrig gewachsenen Bäume statt der geraden, gerade die Altholzbalken, -dielen und -bretter sind es, die dem Möbelstück Emotionen einhauchen. Bringen sie doch eine Geschichte mit, die sie nun als Möbel weiterschreiben. So wie der Mensch Spuren im Leben hinterlässt – und selbst mit zunehmendem Alter vom Leben gezeichnet ist – so hat auch dieses Holz Löcher, Risse oder Faulstellen, die von Erlebtem erzählen und es unverwechselbar machen. Dabei wird das Holz, ist es einmal zum Tisch, Regal oder zur Sitzbank verarbeitet, nicht lackiert und damit zum Museumsstück – ganz natürlich mit Hartöl oder Wachs behandelt, darf es weiteratmen und seine Geschichte fortschreiben – nun vielleicht nicht mit einem Riss, sondern einem Rotweinfleck als Zeichen eines romantischen Dinners oder eines lustigen Abends mit Freunden. Stört er dann doch einmal, kann er ganz einfach durch Schleifen entfernt werden. „Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Lack das Holz schützt, denn Lack blättert mit der Zeit ab und sieht dann scheußlich aus. Holz, das gewachst oder geölt ist, kann jedoch immer wieder geschliffen werden“, weiß Claudia Rinneberg. Ebenso wie Holz darf auch Metall, das gerne mit (Alt)-Holz kombiniert wird, Patina entwickeln: Rost und Holz sind gute Partner. Dass Möbel aus vorwiegend heimischen alten Bäumen so im Trend sind, z. B. Tischplatten mit Baumkante oder aus Baumscheiben, liegt auch daran, dass Nachhaltigkeit für viele Menschen immer wichtiger wird. Material zu verwenden, das schon da ist, und sich daraus individuelle Möbel fertigen lassen, die einen das ganze Leben lang begleiten oder vielleicht sogar den Erben noch Freude machen, ist weit mehr angesagt, als billige Möbel zu kaufen und nach einigen Jahren wieder zu entsorgen. Diese Einschätzung gibt uns Schlossermeister Alex Erb, den die jezza-Redaktion am Wörthsee entdeckte. Auch Gießharze mit ihrem breiten Spektrum an Farben lassen sind wunderbar mit Holz kombinieren. So können z. B. Faulstellen ausgeschliffen und ausgegossen werden – was einer Tischplatte einen modernen Touch gibt. Experten für diese Technik fand jezza! bei Picassi in Penzing und Tischwerk 36 in Prittriching.
Wir präsentieren Ihnen unsere „Fundstücke“ – Unikatmöbel-Bauer, die wir in unserer Region entdeckt haben. Lassen Sie sich inspirieren!
Claudia Rinneberg: Quer und schief und alt und nicht geschummelt
„Man muss sie nämlich nicht nur sehen, sondern auch anfassen“, sagt Claudia Rinneberg aus Dießen und streicht über die weiche Kante eines Altholztisches ihres Showrooms am Marktplatz 3 in Dießen. Hier können Besucher erleben, wie individuell einrichten gehen kann. Rinneberg führt ein Pippi-Langstrumpf-Leben mit fünf Kindern, Hof, Tieren und Werkstatt. So webt das Leben dichte Fäden, die in einzigartigen Möbeln gipfeln – aus Holz, dem man ansieht, dass es gelebt hat. „Es ist nicht totgeschliffen, sondern ganz natürlich. Patina ist erlaubt“, sagt Rinneberg. Aus geöltem Metall, das Rost ansetzen darf und „so wunderschöne Landschaften bildet“, schwärmt die Künstlerin, die detailverliebt sogar das Eisen um das schiefe Holz baut. Quer und schief und alt darf es sein. Nichts ist geschummelt. „Mein Holz ist so, wie es kein Schreiner haben will“, lacht Rinneberg, die manchmal bei Bauern nachfragt, wenn sie einen Holzstoß sieht und manchmal sogar Tipps von Kunden bekommt – damit sie immer neues Altes bauen kann. Ob Betten, Küchen oder Tische, Waschtische, Hocker oder Bänke – Rinneberg fertigt, was Kunden wünschen oder auch nach eigenen Entwürfen. „Meine Kunden schätzen es, Möbel zu haben, die so einzigartig sind wie sie selber“, sagt die Künstlerin und Goldschmiedin, die auch höchst eigenwillige Ringe produziert.
Claudia Rinneberg, Propst-Herkulan-Karg-Straße 24 a, 86911 Dießen, Tel. 0160-1855452, www.rinneberg-gestalt.de
Erbstück: Möbel mit eigener Geschichte
Unter seinen Händen wird Metall zu Unikatmöbeln wie Sideboards, Bänken, Tischen oder Regalen, zu nicht alltäglichen Gebrauchsgegenständen wie Briefkästen, zu Wohnaccessoires wie Vasen und Leseboxen oder zu Kunstobjekten. Alex Erb ist ein Schlossermeister, der seiner Kreativität freien Lauf lässt, Trends aufspürt und so wahre „Erbstücke“ schafft. Derzeit sind Outdoor-Küchen angesagt. „Meine Kunden sehen in südlichen Ländern, dass dort gerne draußen gekocht wird. Nachdem es auch bei uns immer wärmer wird, wünschen sie sich eine Outdoor-Küche“, erklärt er. Besonders gern setzt Erb Cortenstahl ein. Dieser bildet auf der Oberfläche unter seiner Rostschicht eine besonders dichte Sperrschicht. Diese entsteht durch Bewitterung und schützt das Objekt vor weiterer Korrosion. „Die daraus entstehende Patina passt zum geradlinigen Design meiner Arbeiten“, sagt der sympathische Handwerker, der seine Schlosserei in Wörthsee betreibt; die edlen Stücke im Showroom geben Kunden Anregungen für die Möbel, die dann individuell für sie nach ihren Ideen passgenau auf Maß gefertigt werden. Sind diese kombiniert mit Glas oder Holz, holt sich Erb Glaser oder Schreiner mit ins Boot. „Das ist mein Möbel, da habe ich mitgewirkt“ – es ist genau dieses Gefühl, das die Kunden bereits ab dem Entwurf mit ihrem neuen „Erbstück“ verbindet und es zum Lieblingsstück macht, das, auch aufgrund seiner hohen Qualität, zum Lebensbegleiter wird. Nachhaltigkeit sei ein großes Thema, sagt Erb. Lieber etwas mehr investieren und dafür ein langlebiges Möbel mit eigener Geschichte besitzen, das bestenfalls sogar einmal die Erben zu schätzen wissen – ein echtes „Erbstück“ eben.
erbstück – Alexander Erb, Alte Hauptstraße 1, 82237 Wörthsee, Tel.: 01 51 / 25 25 36 33, www.alexerb-erbstueck.de
Picassi: Einzigartiges Holz für einzigartige Tische
Bei Picassi begann alles mit der Produktion von Couchtischen aus Wurzelholz-Kugeln, bei denen Acrylstäbe als Distanzstücke verbaut wurden. Der Ansatz war, eine Glasplatte förmlich über dem Teakholz „schweben“ zu lassen. Massiv und ursprünglich wirken dagegen die exklusiven Couchtische aus alten Baumscheiben, jede in eine besondere Form gebracht. Aber auch eine Wurzel, wild und knorrig, kann als Unterbau einer Tischplatte dienen. Der kreative Kopf von Picassi aus Penzing ist Möbeldesigner Julian Gabriel. „In unserer Manufaktur sind stets über 300 Rohlinge vorrätig. Wir bauen daraus Unikate, Essund Couch-Tische, die Geschichte erzählen“, sagt er. Die beginnt vor hunderten von Jahren mit dem Aufwuchs der Bäume, die vorwiegend aus bayerischen Wäldern stammen. Für die Tische werden zumeist Eichen, Nussbaum, Esche oder Teakholz verwendet. Vom Finden der Riesenbäume, bis hin zur Trocknung, der Verarbeitung über den Fertigungsprozess bis zum ersten Dinner vergehen Jahre. Julian Gabriel liebt es, jeden Baum genau zu studieren, sich seiner Einzigartigkeit bewusst zu werden und – in enger Abstimmung mit seinen Kunden – in den Entwurf einfließen zu lassen. So werden ganze Baumplatten aus einem Stück, teils naturbelassen, verarbeitet – besonders schön dabei ist die Baumkante. Teils werden aber auch Verästelungen und natürliche Einschlüsse mit Epoxidharz veredelt. „In den Massivhölzern steckt eine unheimliche Kraft und Ruhe. Und wir können Holz mit allen Sinnen erleben – fühlen, riechen und sehen“, schwärmt der Designer, der gerne auch mal Handwerkskunst mit Kettensäge und moderner CNC-Technik kombiniert.
Picassi, Julian Gabriel, Fritz-Börner-Str, 5b, 86929 Penzing, Tel. 0 81 91 / 91 18 52 00, www.picassi.de
Tischwerk 36: Harz & Holz & Heimat
Vor kurzem wurde der ehemalige Getränkemarkt in Geltendorf zum Showroom für ganz besondere Möbel umgebaut. Dahinter steckt das Trio Markus Prause, Immobilienmakler, Michael Riegler Marac Italy sowie Florian Kraus vom Tischwerk 36 mit Werkstatt in Prittriching. Florian Kraus ist ein Multitalent: Mit seinem Unternehmen Car.uso Composite Systems veredelt er Luxusautos mit neuem Design und verwandelt diese mit neuen Breitbaukits und zu echten Unikaten. Gleichzeitig ist er aber auch Mitinhaber eines Online-Shops namens Resinance.de für Epoxid-Gießharze – und nutzt diese ebenfalls zur Veredelung. „Ein befreundeter Holztechniker, Christian von Cutwork150, fertigt aus heimischen, alten Hölzern Tischplatten. Besonders wertvoll sind dabei Bäume mit Faulstellen“, erzählt Florian, der vor kurzem Tischwerk 36 gegründet hat. Gerade dieses „Wegwerfholz“ bringt ihn auf kreative Ideen: Er entfernt die Faulstellen und verfüllt sie mit Gießharz. „Die Möglichkeiten sind nahezu unbegrenzt. Es gibt viele verschiedene Farben, Metallic-Effekte, sogar fluoreszierend“, so der Tischwerk Gründer. Durch diese Gieß-Technik lassen sich die Tische gut an eine bestehende Einrichtung anpassen, z. B. an einen Laden oder eine Firmenfarbe – wie bei großen Konferenztischen, die Kraus bereits für einen Kunden gefertigt hat. Noch steht Tischwerk 36 ganz am Anfang, Florian Kraus hat jedoch schon viele Ideen für die Holz-Gießharz-Kombination: Er will auch Schränke und Türen fertigen oder auch Waschtischplatten und Fensterbänke – stets nach Kundenwunsch, jedes Stück ein Unikat aus heimischem Holz.
Tischwerk 36, Florian Kraus, Gewerbering 5, 86931 Prittriching (oder Bahnhofstr. 22 in Geltendorf)
Tel. 01 73 / 57 77 040, www.Tischwerk36.com
Trees of Life: Weniger ist Mehr
Die Reduzierung auf das Wesentliche bei der Gestaltung von Möbeln – in Form von klaren Linien und natürlichen Holzoberflächen – bringt Ruhe in einen Raum und wirkt sich auf das Wohlbefinden positiv aus. Unsere Sinne werden angesprochen bei einem Möbel aus purem Holz – wir sehen die Zeichnung und Maserung des Holzes, wir spüren die Struktur der Oberfläche, wir hören den Klang von Holz.
Als gelernter Restaurator und Möbeltischler ist Thomas Schwaiger seit mehr als 20 Jahren selbstständig tätig und beschäftigt sich seitdem mit der Erhaltung und Neuanfertigung von Möbeln in Handarbeit. Er lebt und arbeitet in München und Österreich. Während seiner langjährigen Arbeit als Restaurator inspirierte ihn das Design des Jugendstils und die Formensprache des japanischen Möbelbaus. Diese Art des Designs und die hochwertige handwerkliche Ausfertigung finden sich in den von ihm entworfenen und gebauten Möbelstücken wieder. Dabei legt er großen Wert auf eine qualitativ hohe, handwerkliche Verarbeitung wie traditionelle Holzverbindungen und handgehobelte Oberflächen. Verwendet werden giftfreie Leime und Öle sowie Hölzer aus heimischen Regionen. Jedes zu fertigende Möbelstück wird gemäß Kundenwünschen und -bedürfnissen sorgfältig abgestimmt – beginnend mit dem Design, der Form, der Funktionalität, der Auswahl der Holzart bis hin zu den Möbelbeschlägen. Somit entstehen individuelle, persönliche Möbel-Unikate als formschöne Gebrauchsgegenstände, die langlebig sind und den Gedanken der Nachhaltigkeit umsetzen.
Thomas Schwaiger, THE TREES OF LIFE Möbelbau & Restaurierung, Zaubertal 1, A- 4320 Perg, Tel. +43/664/5102151, Email: [email protected], www.thetreesoflife.at