Zu gut für die Tonne
Text: Ulrike Osman
Elf Millionen Tonnen Lebensmittel landen jedes Jahr in
Deutschland im Müll. Das sagen aktuelle Zahlen des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Über die Hälfte davon (59 Prozent) wird von privaten Haushalten weggeworfen – macht 78 Kilo pro Kopf. Eine gigantische Menge, auch wenn dabei Unvermeidbares wie Nuss- und Obstschalen, Kaffeesatz, Knochen und Verdorbenes mitgezählt wird. 1,9 Millionen Tonnen Abfälle fallen alljährlich bei Außer-Haus-Verpflegung (also in der Gastronomie, Kantinen und ähnlichem) an. 800.000 Tonnen Lebensmittel werden vom Handel weggeworfen. Das Thema treibt immer mehr Menschen um. Das Problembewusstsein ist gestiegen, die Zahlen schockieren. Vor dem Hintergrund von Klimakrise, Inflation und dem Bemühen um Nachhaltigkeit erscheint die Verschwendung genießbarer Lebensmittel, für deren Produktion viel CO₂ freigesetzt wurde, noch widersinniger und skandalöser als ohnehin schon.
Wie viel oder wenig Essen im eigenen Haushalt im Müll landet, hat jeder und jede Einzelne selbst in der Hand. Für Reste aus der Gastronomie sowie Nahrungsmittel, die vom Handel als unverkäuflich entsorgt werden, gibt es inzwischen sinnvolle Konzepte. Lebensmittelrettung ist ein Begriff, der immer mehr in der Mitte der Gesellschaft ankommt, und zwar nicht erst, seit die Politik darüber nachdenkt, das Containern zumindest teilweise straffrei zu machen.
Auch in der Region ist das Thema präsenter als man auf den ersten Blick annehmen würde – zum Beispiel dank der mobilen App „Too Good To Go“ (wörtlich: zu gut, um weggeworfen zu werden). Die Idee stammt aus Dänemark und hat sich bereits in 17 Ländern verbreitet. Das Prinzip ist so einfach wie genial: Lebensmittel, die in Cafés, Bäckereien, Supermärkten, Hotels & Co. übrig bleiben, werden nicht weggeworfen, sondern zu einem günstigeren Preis verkauft.
Die Geschäfte stellen die Produkte in sogenannten „Magic Bags“ (Wundertüten) bereit. Jede Tüte hat einen Wert von circa zwölf Euro, wird aber zu Preisen zwischen vier bis fünf Euro abgegeben. Registrierte Nutzer können die Tüten per App reservieren und in einem vorgegebenen Zeitfenster abholen. Bezahlt wird ebenfalls per App.
Den teilnehmenden Betrieben ist es ebenso wichtig wie den Nutzern, gegen Lebensmittelverschwendung aktiv zu werden.