Kraftorte – zur Ruhe kommen
Besondere Orte, um Kraft zu tanken
Text: Dagmar Kübler
Es gibt Orte, die lassen uns zur Ruhe kommen, schenken uns Momente der Unendlichkeit oder spenden uns sogar Kraft. Vielleicht gibt es dafür eine wissenschaftliche Erklärung oder es ist einfach die Spiritualität der Menschen, die an diesen Stellen beispielsweise Klöster oder Kapellen gebaut haben, auf diesen Ort übergegangen sind. Aber eigentlich ist das auch gar nicht so wichtig. Wichtig ist, unseren individuellen Kraftort zu finden und zu nutzen. Das jezza! hat sich umgeschaut.
Stress, Hektik, der ständigen Erreichbarkeit und den Anforderungen, die wir uns oft selbst auferlegen, sollten wir so oft wie möglich entfliehen, um körperlich und seelisch gesund zu bleiben. Es tut uns gut, Freiräume einzurichten, um zur Besinnung zu kommen. Eine indianische Weisheit bringt es auf den Punkt: Wir müssen von Zeit zu Zeit eine Rast einlegen und warten, bis unsere Seelen uns wieder eingeholt haben.
Crescentia-Kapelle bei Dienhausen
1990 stand dem gerade geborenen Sohn von Matthäus Unsin aus Dienhausen eine Operation bevor, die, wie es schien, unmöglich zu überleben war. In seiner Not wandte sich Unsin an Gott und legte das Gelübde ab, eine Kapelle zu erbauen, würde sein Sohn überleben. Daniel überlebte. Heute führt er das Fliesengeschäft, das sein Vater aufgebaut hat. Und die Crescentia-Kapelle im Wald von Dienhausen (Ortsteil von Denklingen) zieht alljährlich viele Besucher an, Kranke wie Gesunde, Sorgenbeladene und fröhliche Wanderer.
Über die Jahre hat Matthäus Unsin rund um die Kapelle einen spirituellen Ort entstehen lassen – und der Schaffensprozess scheint nie abgeschlossen. So entstand ein Kreuzweg, jedes der 15 Kreuze hat eine andere Felsart als Untergrund. Über unterschiedliche Steine läuft auch das Wasser des Steinbrunnens.
Matthäus Unsins Leben ist von Dankbarkeit geprägt. An diesem friedlichen Ort im Wald steigt unwillkürlich auch bei den Besuchern Dankbarkeit auf für alles Schöne, das uns umgibt. Besser als manche Therapie hilft das quicklebendige Vogelgezwitscher ringsherum, zu sich selbst zu finden und im Hier und Jetzt zufrieden zu sein.
Zauberwald Eibenwald
Es gibt wohl kaum jemanden, der sich der Magie des Paterzeller Eibenwaldes entziehen kann. Auf Schritt und Tritt begegnen wir dort Baumpersönlichkeiten. Dazwischen gluckst und plätschert es, rasch hüpft ein Frosch vor des Wanderers Schuh zur Seite, die Vögel zwitschern um die Wette. Die Eibe ist ein langsam wachsender Baum, vielleicht nutzt sie die Zeit und lässt sich allerhand einfallen, um recht knorrig, verwachsen und urtümlich daherzukommen?
Doch nicht nur ihr Aussehen ist etwas Besonderes – auch ihr Holz, das gleichzeitig widerstandsfähig und biegsam ist. Deshalb war es früher zur Herstellung von Bogenwaffen beliebt – so sehr, dass die Eibenbestände stark dezimiert wurden. Ein Glück, dass uns der Paterzeller Eibenwald geblieben ist, und uns zu jeder Jahreszeit einlädt, auch in das Reich der Sagen und Mythen einzutauchen. Der Eibe wird allerhand nachgesagt. So soll sie Schutz vor Hexen und bösen Geistern bieten, weshalb sie früher gern am Haus gepflanzt wurde und ebenso auf Friedhöfen, denn sie galt auch als Baum des Todes – vielleicht, weil ihre Samen, Rinde und Nadelwerk sehr giftig sind? Bei den Druiden der Kelten galt die Eibe wegen ihrer Verbindung zur Ewigkeit als heiliger Baum. Aus Eiben stellten sie Zauberstab und Wünschelrute her.
„Eiben haben für mich eine besondere meditative Energie. Der Paterzeller Eibenwald ist ein Ort, an dem die Zeit stehen bleibt. Hier komme ich zur Ruhe und finde zu mir selbst“, sagt beispielsweise Elke Tumbach, Anzeigenberaterin des jezza! Magazins.
Wessobrunner Brunnenhaus
„Das Wessobrunner Brunnenhaus ist für mich ein besonderer Ort“, sagt jezza!-Chefredakteurin Sigrid Römer-Eisele. An dieser Stelle soll Wezzo, der Jagdgefährte des bairischen Herzogs Tassilo III, drei Quellen gefunden haben, wie sie Tassilo in der Nacht zuvor im Traum erschienen waren – mit einer Himmelsleiter, die von den Quellen nach oben führte. Und so ließ Tassilo bei diesen Brunnen des Wezzo und der nach ihm benannten Linde das Kloster Wessobrunn 753 gründen. „Sowohl das Kloster als auch die Umgebung dieser Quellen strahlen für mich eine besondere Ruhe aus“, so Römer-Eisele. Auf einem schmalen Steg gelangt man zum achteckigen Wasserbecken vor dem 1735 erbauten Brunnenhaus, das sich in der Wasseroberfläche spiegelt.
Mit seinem in die Jahre gekommenen Putz scheint es still und nahezu unbemerkt jenseits der touristisch ansonsten doch recht trubeligen Ammersee-Kulisse zu liegen – wie überhaupt der gesamte Ort, der mit seiner Tassilo-Linde, dem Wessobrunner Gebet und dem Kloster kulturhistorisch außergewöhnlich bedeutsam ist und eigentlich deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient hätte.
„Aber genau das macht für mich auch den Reiz dieses Ortes aus: Hier scheint die Zeit einerseits stillzustehen, andererseits machen die verwitterten Wände hier eine Atmosphäre des Verfalls spürbar. Dazu kommt die Mystik der Wezzo-Legende. Das Eintauchen in diese verlassene Umgebung ist wie das Betreten einer vergessenen Welt – ein Ort, an dem man der Hektik des Lebens entfliehen kann“, sagt Sigrid Römer-Eisele.