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Ist Geothermie die Lösung?

Aktuell ist die Energiegewinnung aus Erdwärme wieder voll im Kommen – auch hiesige Kommunen engagieren sich und ergreifen Maßnahmen zur künftigen Nutzung.

Text: Sigrid Römer-Eisele

Etwa ein Drittel der CO2-Emissionen Bayerns entfallen auf den Gebäudesektor, der überwiegende davon auf die Bereitstellung von Warmwasser und Raumwärme. Um in Bayern bis 2040 klimaneutral zu werden, muss die Wärmebereitstellung durch erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden. Auf der Suche nach regenerativen Möglichkeiten kommt aktuell in unserer Region wieder das Thema Geothermie auf, das bereits 2010 im Gemeindegebiet von Utting weit vorangetrieben worden war. Nicht ohne Grund, denn unsere Region liegt im aktuell am intensivsten geothermisch genutzten Raum: zwischen dem Oberland (Raum Weilheim) im Westen, Traunstein im Osten und Landshut im Norden – mitten im zentralen bayerischen Molassebecken mit Nutzungsschwerpunkt in und um München.

Nach vibrationsseismischen Untersuchungen 2008 waren 2010 Tiefenbohrungen (2700 bis 3300 Meter) im Gebiet westlich von Utting geplant, die Wasser mit einer Temperatur von 110 bis 118 Grad Celsius erschließen sollten. Eine Machbarkeitsstudie hatte zuvor aufgezeigt, dass eine Wärmeauskopplung für Utting und Schondorf damit gewährleistet hätte werden können.

Doch im Laufe der Planungen taten sich verschiedene Probleme auf (Lärmbelästigung, Kühlwasserversorgung für die Bohrung im Umfang des zweieinhalbfachen Gemeindeverbrauchs, Befürchtung seismischer Bewegungen etc.), die schließlich dazu führten, dass das Vorhaben nicht realisiert wurde.

So soll es ab 2025 in München-Sendling aussehen. Der Wärmespeicher (Bildmitte) befindet sich aktuell im Bau und wird mit seinem Fassungsvermögen von rund 57.000 m³ Fernwärmewasser Bedarfsspitzen abfedern. Foto: swm


Nun hat die Gemeinde Windach das Thema im Herbst 2022 wieder neu aufgegriffen. Beraten durch Prof. Dr. Wolfgang Mauch aus Utting, dem ehemaligen Geschäftsführer der Forschungsstelle Energiewirtschaft, haben sich die Windacher gemeinsam mit der Gemeinde Finning verschiedene Projekte in der Region angesehen, u. a. In Unterhaching, wo ein kombiniertes Strom- und Wärmekraftwerk von der Gemeinde betrieben wird. Dort werden seit 2007 rund 7000 Haushalte mit Fernwärme versorgt, und seit 2009 können dort im statistischen Mittel bis zu 10.000 Haushalte mit elektrischer Energie beliefert werden.

„Wir haben auch unsere Nachbargemeinden eingeladen – Dießen, Utting, Schondorf, Greifenberg. Auch Hofstetten, Schwifting und Eresing haben Interesse bekundet“, so der Windacher Rathaus-Chef Richard Michl. Seiner Gemeinde sei es wichtig gewesen, diese Form der Energiegewinnungfür die Bürger zu sichern – bevor sich irgendein Investor die Förderrechte unter den Nagel reißt.

Und so hat die Gemeinde, die bereits seit einem Jahr einen Klima- und Energiemanager hat, das notwendige Bergrecht (Laufzeit fünf Jahre) beantragt und ist in Vorleistung gegangen: Ausgaben für das beauftragte Ingenieurbüro (ca. 20.000 €) und die Rechtsberatung (ca. 10.000 €) sind bereits angefallen. Im nächsten Schritt folgt eine Machbarkeitsstudie (150.000 €). „Wir müssen dem Wirtschaftsministerium belegen, dass wir die 20 Mio. für die Bohrung stemmen können. Wenn es dann zur Realisierung kommt, muss ein Zweckverband gegründet werden mit den Gemeinden, die Interesse an der Beteiligung gezeigt haben“, so Michl.

Thermalwasserführende Kalksandsteinschicht in Südbayern
Quelle: Geothermie-Allianz Bayern



Geologische Hintergründe
Die wasserführende Malm-Schicht im Untergrund des Bayerischen Molassebeckens befindet sich nördlich der Donau an der Oberfläche (Frankenalb) und taucht Richtung Süden in die Tiefe ein, sodass sie unter dem Stadtgebiet von München ca. 3000 m tief liegt und zu den Alpen hin in bis zu 5000-6000 m absinkt, wo der Malm aufgrund der Tiefenlage sogar so heiß (>100°C) ist, dass neben der Wärmeauskopplung auch Strom produziert werden kann.
Gute Fündigkeitsprognosen sind in München, südlich von München und in der östlichen Molasse gegeben, wo es heute bereits eine hohe Anzahl erfolgreicher Bohrungen gibt.

Quellen: Bundesverbandes Geothermie, www.geothermie.de und Geothermie-Allianz Bayern, www.geothermie-allianz.de


Geothermie
Geothermie (Erdwärme) ist die unterhalb der Erdoberfläche gespeicherte Wärmeenergie. Je tiefer man in das Innere der Erde vordringt, desto wärmer wird es. Aus dem Erdinnern steigt ein ständiger Energiestrom an die Oberfläche. Die Erde gibt täglich etwa viermal mehr Energie in den Weltraum ab, als wir Menschen derzeit verbrauchen. 70 % der Energie entstehen durch den ständigen Zerfall natürlicher radioaktiver Elemente in Erdmantel und Erdkruste.

Oberflächennahe Geothermie (bis 400 m Tiefe) ist technisch weit etabliert und spielt ihre Stärken in dünn besiedelten Gebieten aus, die etwa 50 % des gesamten Wärmebedarfs in Bayern ausmachen. Tiefengeothermie eignet sich für die energieeffiziente zentrale Wärmeversorgung in Ballungszentren, da die Anlagen nur wenig Fläche benötigen.

Vorteile der Geothermie
Geothermie kann aufgrund ihrer wetterunabhängigen Verfügbarkeit ein wichtiger Baustein für die Energie- und Wärmewende sein. Die mit heutiger Tiefbohrtechnik erschließbare Energiereserve wird weltweit auf das rund 30-fache sämtlicher fossiler Reserven (Kohle, Gas und Öl) geschätzt und wird daher als unerschöpflich betrachtet.

Hemmnisse der Geothermie
Der Ausbau der Tiefengeothermie (Bohrung, Kraftwerk, Fernwärmeleitungen etc.) ist geprägt durch hohe Anfangsinvestitionskosten, was für viele Kommunen ein Einstiegshindernis darstellt.